Bockwa und seine Kirchen
Die Entstehungszeit des heutigen Zwickauer Stadtteils Bockwa reicht mutmaßlich bis weit vor das 10. Jahrhundert zurück. Als ursprünglich sorbische Ansiedlungen wurden das Dorf Bockwa sowie seine beiden Nebendörfer Schedewitz und Oberhohndorf erstmals im Jahre 1219 als „Bucwen“ bzw. „Schetwiz“ und „Hoendorf“ urkundlich erwähnt. Gemäß dieser Urkunde gehörten die drei genannten Dörfer zur Pfarrei der im Jahre 1118 zu Ehren der Jungfrau Maria geweihten Pfarrkirche des Territoriums Zwickau, welche sich im damaligen Dorf Osterweih also in der heutigen Zwickauer Nordvorstadt befand und somit nicht mit der Zwickauer Stadtpfarrkirche St. Marien identisch ist.1 Spätestens gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde in Bockwa eine für die drei Dörfer Bockwa, Oberhohndorf und Schedewitz bestimmte Filialkirche errichtet, welche nun aber der Stadtpfarrkirche St. Marien unterstand. Nach gegenwärtigen Erkenntnisstand fand diese Filialkirche nämlich am 29. Juni 1493 erstmalig beim Verkauf eines zur Kirche gehörenden Steinbruchs an den Zwickauer Rat ihre urkundliche Erwähnung.2
Nach einem Entwurf des Ratsbaumeister Carl August Schramm aus Zittau wurde unter der Leitung des Zwickauer Architekten Tannert an der Stelle dieser nun abgebrochenen Filialkirche in den Jahren 1852 bis 1856 die heute bekannte Bockwaer Matthäuskirche erbaut. Schließlich erfolgte am 2. November 1856 die Weihung dieser Hallenkirche. Mit ihrem neugotischen Stil und ihrem Westturm galt damals die Matthäuskirche als eine der schönsten Dorfkirchen Sachsens. Die Kanzlei- und Holzschnittarbeiten im Inneren der Kirche wurden von den Gebrüdern Junghänel in Schneeberg gefertigt, und das Altargemälde stammt vom Zwickauer Maler und Zeichenlehrer Carl Mittenzwey. Überdies wurde aus der alten Kirche der Taufstein aus Marmor entnommen, welcher die Jahreszahl 1836 trägt. Mit dem Bau einer Orgel wurde die Zwickauer Firma Jehmlich beauftragt, und diese konnte auch im Jahr 1857 fertiggestellt werden. Im Alterraum ist noch das das Netzgewölbe zu sehen, was im Kirchenschiff mittlerweile unter einer Holzzwischendecke verborgen ist. Der Einbau dieser Zwischendecke im Jahre 1916 diente als Befestigung und wurde notwendig, nachdem 1914 die Kirche aufgrund von Bodensenkungen verursacht durch den hiesigen Steinkohlenbergbau geschlossen werden musste. Eine nochmalige Schließung wiederum wegen der Bodensenkung erfolgte in den Jahren 1937 bis 1945, und insgesamt ist die Kirche bis zum heutigen Tag um ca. 9,80 m gesunken.3
Doch nicht nur die Auswirkungen des Steinkohlenabbaus sind für den heute eher schlechten Bauzustand ursächlich, auch die Hochwässer der angrenzenden Zwickauer Mulde hinterließen ihre Spuren. Vom Jahr 1956 an bis zur politischen Wende 1989 war es dann auch nicht möglich eine Außenrenovierung durchzuführen, die zuständigen staatlichen Behörden der DDR verweigerten hierfür eine jedwedige Genehmigung. Erst seit 1990 konnte wieder in die Sanierung der Kirche investiert werden. Beispielweise befindet sich auf dem Dach der Matthäuskirche seit dem Jahr 2002 die in Deutschland größte auf einem Kirchendach installierte Photovoltaikanlage.
Die Gemeinde Bockwa wurde am 1. April 1939 auf Anordnung des Reichsstatthalters von Sachsen aufgelöst und zwischen Zwickau, Planitz, Cainsdorf, Wilkau-Haßlau und Oberhohndorf aufgteilt. Dabei erhielt Oberhohndorf den als „Altbockwa“ bezeichneten Ortsteil mit der Matthäuskirche, und wiederum am 1. Januar 1944 erfolgte die Eingemeindung von Oberhohndorf in die damalige noch kreisfreie Stadt Zwickau. Heute ist die Matthäuskirche eine von sechs Gemeindekirchen der Stadtkirchgemeinde Zwickau zugehörig zum Kirchenbezirk Zwickau der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Regelmäßig finden hier Gottesdienste statt, aber auch Ausstellungen und Konzerten können in der Kirche besucht werden.
- Steinführer, Henning: Urkundenbuch der Stadt Zwickau, 1. Teil, Band 1, Peine 2014, Nr. 7. ↩︎
- Zorn, Günter: Akten der Kirchen und Schulvisitation in Zwickau und Umgebung 1529 bis 1556, Langenweißbach 2008, S. 9. ↩︎
- Die evangelisch-lutherischen Kirchen Zwickaus, Herausgegeben von den evangelisch-lutherischen Pfarrämtern der Stadt Zwickau, Zwickau 1993, S. 16ff. ↩︎